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Die Suche nach dem inneren Lächeln

 

In einem Land, nur einige Augenblicke fort von hier, lebte einst ein Mensch, wie du und ich.

Seit einiger Zeit schon war er mit seinem Leben, wie es war, nicht mehr zufrieden und er wünschte sich nichts mehr, als den wahren Lebenssinn zu finden.

So begab er sich auf die Suche.

Er las viele Bücher, widmete sich dem Yoga und der Meditation, reiste um die ganze Welt um seinen Meister zu finden und schaute immer positiv in die Zukunft, weil er dort zu finden glaubte, was ihm noch fehlte.

Doch immer, wenn er sich am Ziel wähnte, holte ihn gleich wieder das Leben zurück und seine Suche ging weiter. Er fühlte ganz deutlich die Vergänglichkeit von allem und erkannte, das nichts für immer Bestand hat.

Alles entstand, bewegte und löste sich wieder auf, doch nie war etwas von Dauer.

Alle seine Bemühungen schienen ihm nicht das zu bringen, wonach er suchte …

Eines Tages hörte er, wie jemand einem anderen erzählte, er habe sein inneres Lächeln gefunden und das wäre das beste und kostbarste Geschenk, was ihm je begegnet wäre.

Sofort machte er sich wieder auf die Suche, nun mit dem Ziel, dieses innere Lächeln zu finden. Doch wo sollte er beginnen? Er hatte doch schon so viel ausprobiert und ist immer wieder enttäuscht worden.

Er las neue Bücher, interessierte sich für neue Arten von Meditationen, lauschte den Weisheiten anderer Meister und ließ sich auf alles ein, was ihn irgendwie seinem Ziel näher bringen könnte.

Doch er wurde nicht fündig, so interessiert er auch den Weisheiten der Meister lauschte.

Er wurde immer unzufriedener und trauriger, dass er sich ganz zurückzog und keinen Kontakt mehr

zu anderen Menschen und dem „Leben da draußen“ haben wollte …

Er las keine Bücher mehr und entzog sich jeglicher Quelle von Nachrichten und Informationen. Auch von seinen Freunden, sogar von der Familie distanzierte er sich und lebte ganz alleine in seiner eigenen Welt.

Niemand konnte ihn verstehen, am wenigsten er sich selbst. Enttäuscht vom Leben und seiner eigenen Unzulänglichkeit versank er in eine große Traurigkeit, die ihn an den Rand der Verzweiflung brachte.

Er hatte keine Energie mehr, nach dem Sinn des Lebens zu suchen und auch das innere Lächeln war ihm mittlerweile ganz egal geworden. Alles schien um ihn herum sinnlos zu sein und es gab nichts mehr, was ihn interessierte. Er saß da, schaute aus dem Fenster und fühlte sich plötzlich in einen Abgrund fallen. Ohne Widerstand ließ er es geschehen. Es war keine Angst da. Es passierte einfach so. Immer tiefer fiel er in die Leere, nichts war da, nur leerer Raum und Dunkelheit. Selbst sein Körper hatte sich vollkommen aufgelöst.

Nichts war mehr da, nur noch vollkommene Stille, leerer Raum … und … ein inneres Lächeln!

Cäcilia Wentker

 

Die kleine Wolke - ein Märchen für Erwachsene

 

Eine kleine Wolke schwebte einmal über dem Meer. Sie fühlte sich ganz leicht und glücklich und lächelte zufrieden.

Während sie so am blauen Himmel daher zog und sich der Sonnenstrahlen erfreute, begegnete sie einem kleinen Vogel, der bitterlich weinte und sie fragte:" Hast du meine Mama gesehen? Ich kann sie nirgendwo finden." Die kleine Wolke schaute dem kleinen Vogel freundlich in die Augen und sagte mit einer warmen und ruhigen Stimme:" Nein, mein kleiner Freund! Deine Mama habe ich leider nicht gesehen. Aber du kannst aufhören zu weinen. Ich bin sicher, dass sie ganz in deiner Nähe ist. Wenn du nur ganz feste daran glaubst, wirst du bald schon wieder mit ihr zusammen fliegen können."

Der kleine Vogel spürte eine große Vertrautheit in der Stimme der Wolke und hörte auf sie. Er glaubte ihr und wollte ihr ganz herzlich danken, als auch schon seine Mutter auf ihn zuflog und ihn liebevoll den Rücken schnäbelte.

" Vielen, vielen Dank, liebe Wolke", freute er sich," wie soll ich dir nur danken?", fragte er die kleine Wolke.

" Du brauchst mir nicht zu danken." erwiderte die Wolke lächelnd," danke dir selber für dein Vertrauen und

vergiss nie, wenn du dir selbst vertraust, kann dir nichts passieren!

Der kleine Vogel nahm diese Worte mit auf seinen Weg und verankerte sie tief in seinem Herzen.

Die kleine Wolke zog weiter am himmelblauen Horizont und freute sich für den kleinen Vogel.

 

Nach einer Weile bemerkte die kleine Wolke unter sich einen Heißluftballon. In seinem Korb hockte ganz traurig ein Mädchen und schluchzte bitterlich. Sie hielt ihr mit Tränen bedecktes Gesicht in ihren Händen und bebte am ganzen Körper. Verzweifelt schaute sie zum Himmel und sah die kleine Wolke, wie sie so schwerelos dahin zog. " Wieso kannst du so leicht und schön deinen Weg ziehen," fragte sie neidisch die kleine Wolke," während ich in meinem fetten, hässlichen Körper gefangen bin und kein Mensch mich leiden kann."

Die kleine Wolke umhüllte liebevoll den Ballon mit dem Mädchen und sagte:" Spürst du die Leichtigkeit um dich herum? Es ist deine eigene, deine innere Leichtigkeit! Sie ist immer da, wenn du ihr vertraust. Vertraue nicht deinem Körper, vertraue deiner inneren Stimme, die dir sagt, wie leicht und schön du wirklich bist. Du bist nicht dein Körper! Du bist ein wunderschönes Geschöpf, geschaffen um sich zu erinnern, wie vollkommen du wirklich bist! Dein Körper ist nur ein Werkzeug, eine Hülle, er hilft dir, in deinem Leben Erfahrungen zu sammeln und den Sinn zu erkennen, warum das Leben so ist, wie es ist."

 

" Wer sagt mir, dass ich dir trauen kann?" fragte das Mädchen und schien schon viel ruhiger.

" Vertraue nicht mir, vertraue dir selber, nur du weißt, was für dich richtig ist! Ganz tief in dir steckt alle Weisheit, dein großer Schatz, den nur du ganz alleine finden kannst. Du hast ihn selbst versteckt, aber vergessen, was in ihm steckt und wo du ihn begraben hast. Jeder Mensch hat diesen Schatz und ist auf der Suche nach ihm, auch wenn er es gar nicht weiß. Deinen Schatz zu heben erfordert allerdings viel Mühe! Du wirst dich erst ganz verlieren und dich voller Vertrauen auf Neues einlassen müssen.

Alles was war, ist nicht mehr wichtig und alles was kommt, brauch dich nicht ängstigen. Die Wirklichkeit ist jetzt und hier, in allem was ist, in diesem Moment! Wenn dir das klar ist, bist du einen großen Schritt weiter zu deinem Schatz." Die kleine Wolke wollte nicht noch mehr verraten und lächelte geheimnisvoll.

" Es klingt alles so wunderschön und es ist mir, als ob das alles, was du mir erzählt hast, mir gar nicht so fremd erscheint! Ich fühle mich schon viel leichter und danke dir für deine weisen Worte!" wollte sich das Mädchen verabschieden.

Die kleine Wolke aber konnte es nicht lassen, dem Mädchen noch etwas mit auf ihren Weg zu geben,

"Glaubst du wirklich, dass es meine weisen Worte waren? Ich sage dir noch einmal: Vertraue nur dir selber … oder können Wolken wirklich sprechen?"

Das Mädchen verstand, dankte sich selbst und schwebte weiter.

 

Die kleine Wolke strotzte voller Heiterkeit und Übermut, da erblickte sie in der Ferne einen riesigen Berg.

Auf seinem Gipfel sah sie, als sie näher kam, einen jungen Mann. Er schien verwirrt zu sein und endlos traurig.

In seinem Gesicht spiegelte sich sein ganzes Schicksal. Die Schwere seines Lebens ertrank in seinen Augen. Er war gezeichnet von Leid, Enttäuschung und Verletzlichkeit. Seine hagere Statur stand gebeugt an einem Abgrund.

Seine Angst hinderte ihn noch daran, den einen Schritt zu machen, der ihn von allem Übel befreien sollte.

Die kleine Wolke umfing den Mann mit all ihrer Heiterkeit und sie tränkte mit ihrer leuchtend weißen Feuchtigkeit seine Kleider, Haut und Haare.

Er spürte die Nässe und sprach:" Du hast mir gerade noch gefehlt! Mir bleibt aber auch nichts erspart! Selbst jetzt, wo ich doch nur noch den Mut finden will, mein erbärmliches Leben zu beenden, kommst du daher und machst wieder alles schwer!"

" Entschuldige bitte", sagte die kleine Wolke, " aber, ich bin es nicht, die dir das Leben oder deinen Abschied schwer macht, dass bist du selber!"

Erstaunt wundert sich der Mann:" Wie kommst du denn darauf ? Was willst du damit sagen? Was kann denn ich dafür, dass mein ganzes Leben ein Desaster war, obwohl ich mich immer bemüht habe, alles richtig zu machen?

Oder was kann ich dafür, dass mich keiner leiden konnte, obwohl ich es immer allen recht machen wollte?"

" Wer hat dir denn gesagt, was richtig ist?" fragte ihn die kleine Wolke." " Ja, wer schon? Meine Eltern, meine Freunde, meine Kollegen, meine Frau, meine Kinder...alle, mit denen ich so zu tun hatte! Ach ja... da war auch noch unser Pastor, ich war nämlich mal Messdiener. Ich bin sehr gläubig erzogen worden ... jeden Sonntag in die Kirche, ob wir wollten oder nicht!" Der Mann erzählte, wie es ihm ergangen war und schimpfte auf alles und jeden, und suchte alle Schuld für sein

"Unglück" bei seinen Mitmenschen, nur nicht bei sich selbst.

 

Die kleine Wolke hörte ihm liebevoll zu und sprach voller Mitgefühl: "Ich verstehe deinen Unmut und deine Ansicht.

Und aus deiner Sicht, ist das, was du siehst auch die Wahrheit. Aber es ist nur deine Wahrheit, die Wahrheit die du in deinem Leben erfahren hast, durch deine Eltern, die dir von Anfang an gesagt haben, was richtig oder falsch ist. Auch deine Freunde, Nachbarn und Kollegen, sowie alle Menschen, denen du begegnet bist, haben dir immer wieder gesagt und gezeigt, was richtig ist. Und du hast ihnen vertraut ohne dich zu fragen, ob es auch wirklich für dich richtig oder falsch ist."

Der Mann wurde hellhörig:" Du hast Recht! Ich habe mich selbst dabei vergessen. Aber, meine Eltern hatten doch die größere Erfahrung und mussten es doch besser wissen!"

" Was für deine Eltern richtig war, muss noch lange nicht für dich richtig sein! Du hast das Recht, alle deine Erfahrungen selber zu machen, um durch sie zu lernen!" sagte die kleine Wolke und freute sich, dass der Mann so gesprächig ist. Fast schien es, als ginge er ein paar Schritte zurück vom Abgrund.

"Warum haben sie sich dann nicht aus meinem Leben herausgehalten?" fragte er vorwurfsvoll.

" Weil sie es gut mit dir meinten!" bekam er zur Antwort.

" Aber es war nicht gut, alles lief verkehrt, mein ganzes Leben haben sie zerstört. Hätte ich doch bloß nicht auf sie gehört, sowie auf alle anderen guten Ratschläge meiner Freunde. Alle, auch der Pfarrer haben sich eingemischt und ich Idiot wollte ihnen allen alles Recht machen. Doch jetzt kann ich nicht mehr! Jetzt ist Schluss!" Er trat wieder näher an den Abgrund.

" Und du meinst., dass du nun das Richtige tust?" fragte die kleine Wolke ganz vorsichtig.

Der Mann besann sich und trat wieder zurück:" Wieso fragst du das?"

" Wer hat dir denn gesagt, dass es richtig ist, deinem Leben ein Ende zu machen?" Die kleine Wolke fühlte, dass er ganz verdutzt war, als er auf ihre Frage antwortete:" Tja … hmmm … keiner! Ich habe es mir gesagt.

" Aha", flüsterte die kleine Wolke und spürte, wie der Mann einen tiefen Atemzug tat bevor er sagte: "Jetzt weiß ich, worauf du hinaus willst! Ja, dieses mal habe ich auf mich selbst gehört und nicht auf die anderen. Und da sonst immer alles falsch war, muss es ja jetzt die richtige Entscheidung sein! Ich danke dir für deine weisen Worte, kleine Wolke!"

Bevor der Mann sich wiederum dem Abgrund näherte und willens war zu springen, setzte sie ihm entgegen:" Halt!"

 "Was willst du noch? schrie sie der Mann ärgerlich an. " Möchtest du, dass mich wieder der Mut verlässt?"

" Es hat nichts mit Mut zu tun, seinem Leben ein Ende zu machen," sprach die kleine Wolke," es ist viel mutiger, sein Leben zu leben, mit all seinen Höhen und Tiefen, in der Erkenntnis, dass man für sein Leben und allem, was man tut, die volle Verantwortung trägt. Wenn du dich für dein Leben entscheidest, und den Mut hast, es in deinem Sinne zu leben, wirst du dir ein Leben schaffen können, wie du es verdienst."

 Der Mann ließ sich nach hinten fallen, schloss die Augen und verweilte einige Minuten reglos auf dem nassen Boden.

Die kleine Wolke stieg empor damit die Sonnenstrahlen den Körper des Mannes erreichen um ihn zu wärmen.

Er war eingehüllt im goldenen Licht der Sonne und langsam richtete er sich zum Sitzen auf.

 

" Endlich habe ich es begriffen, ich muss den Mut haben, NEIN zu sagen, wenn ich es nicht will! Ich muss den Mut haben, JA zu sagen, wenn ich meine, dass es richtig für mich ist! Ich muss den Mut haben, es mir recht zu machen und niemanden sonst! Ich muss den Mut haben, mich so zu nehmen, wie ich bin! Ich muss mich einfach nur selbst lieben!!!" Er strahlte und seine Worte klangen wie ein großes

Sinfonie-Orchester.

 

Die kleine Wolke wollte gerade weiter ziehen, als sie hinter sich seinen Ruf hörte:" Ich will leben!!!"

 

Voller Freude und Liebe schwebte die kleine Wolke immer weiter und weiter, bis sie die ganze Erdkugel umrundet hatte. Da fühlte sie ganz plötzlich, dass sie Lust hatte, sich aufzulösen und sie begann, sich in viele, kleine, sanfte Regentröpchen aufzuspalten. Wie sie so auf die Erde hinunter fiel sah sie unter sich am Strand ein Mädchen und einenm jungen Mann, die sich in zärtlicher Umarmung küssten und sich nichts daraus machten, die nassen Tropfen auf ihrer Haut zu spüren. Das Paar stand dort, inmitten des Regens und weder die Vergangenheit noch die Zukunft hatten eine Chance, dieses Glück zu stören.

In diesem einzigem Augenblick hatte sie ihren Schatz gefunden und der junge Mann sein Leben!

 

Einen kurzen Moment hielten die beiden inne...war da nicht wieder diese Stimme? Aber sie hörten nur ganz deutlich und laut, vergnüglich zwei Vögel zwitschern, ein kleiner mit seiner Mama!

 

...und die Regentropfen verdunsteten auf ihrer Haut!

Cäcilia Wentker

Ausgepanzert – Eine Schildkröte hebt ab

 

Eine Schildkröte auf Wanderschaft begegnete einem kleinen Vogel, der ganz erstaunt auf einem kleinen Baumstamm saß und beobachtete, wie sie sich ihm ganz langsam näherte. „Was trägst du da auf deinem Rücken?“ fragte er sie. „Es ist mein Zuhause,“ antwortete sie ihm. „Warum trägst du es denn immer bei dir?“ wollte er nun wissen. „ Damit ich mich sofort zurückziehen kann, wenn ich müde bin oder ein bisschen Ruhe brauche, nach einer anstrengenden Wanderung, so wie jetzt gerade. Außerdem bietet es mir immer und überall Schutz vor Regen, Kälte, Hagelkörnern bei Gewitter und vor anderen Lebewesen, die es nicht gut mit mir meinen.“

„ Oh, das ist bestimmt ein gutes Gefühl, immer und jeder Zeit geschützt zu sein“ zwitscherte der kleine Vogel,“ aber ist das nicht furchtbar anstrengend und schwer, immer die Last auf dem Rücken zu spüren? „ Ja, das ist es gewiss“, antwortete die Schildkröte, aber ich kenne es nicht anders und habe mich schon daran gewöhnt. Wo ist denn dein Zuhause, kleiner Vogel? „ fragte sie , während sie ganz genüsslich ein Gänseblümchen mampfte. „ Es ist überall, da wo ich gerade bin, mal hier, mal dort … mal in einem Baum, mal auf einer Mauer oder auf einer saftig-grünen Blumenwiese. Manchmal auch in einer Hecke oder auf dem Dach eines Menschenhauses. Dort, wo es mir gefällt!“erwiderte der kleine Federzwerg vergnüglich.

„ Oh, das ist auch sicher sehr schön!“ freute sich die Schildkröte doch sie wurde nachdenklich und wollte wissen „Aber hast du denn keine Angst, dass dir etwas passieren könnte, so ganz ohne Schutz? Du kannst dich ja gar niemals zurückziehen, wenn du schlafen möchtest oder dir alles mal zu viel wird.“

„Ach,weißt du liebe Schildkröte, ich kenne das nicht anders und habe mich schon daran gewöhnt. Meine Flügel sind mein Zuhause, sie bringen mich immer dort hin, wo ich mich wohlfühle! Schutz oder Ruhe finde ich überall dort, wo die Freiheit mich sein lässt, wie ich bin. Dort, wo es niemanden gibt, der mich gefangen hält, weil er selbst einsam ist. Dort, wo ich niemanden gehöre, außer mir selbst … dort kann ich meine Flügel ausbreiten und fliegen, wohin es mich führt. Mein Zuhause ist grenzenlos und der sicherste Ort, den es gibt!“ schwärmte der kleine Vogel und fing vor lauter Glück vergnüglich an zu singen.

„ Oh, welch ein Glückspilz du doch bist!“ lächelte die Schildkröte und begann selbst sich vorzustellen, wie es ist zu fliegen. In Gedanken warf sie ihr, schon etwas in die Jahre gekommenes Haus von ihrem Rücken, was sich am Anfang noch sehr ungewohnt anfühlte, irgendwie nackt und ungeschützt. Doch sie spürte immer mehr, wie aus ihr etwas zu wachsen begann. Es kribbelte und kitzelte, dass sie etwas kichern musste. Langsam, aber mit einer seltsamen Energie, die sie noch nie so wahrgenommen hat, wuchsen ihr Federn aus ihrem Rücken, dort wo gerade noch ihr schweres Haus festgewachsen war. Sie fühlte sich seltsam leicht und beschwingt, als gäbe es keine Erdanziehung mehr. Ein ganz neues Gefühl breitete sich in ihr aus … ein Gefühl der Schwerelosigkeit ohne die Last des Hauses. Die Illusion der gewohnten Sicherheit löste sich auf. Ganz plötzlich wurde ihr klar, wie viel Last sie immer mit sich herum geschleppt hatte, aus Angst vor Verletzungen aller Art. Und nun … nun spürte sie ganz deutlich die Flügel, niegel-nagel-neue Flügel!!! Fast wie von selbst begannen sie sich auszubreiten und zu schwingen. Nun gab es keinen Halt mehr … sie hob ab und machte sich auf, in ihr neues freies Leben, da wo die Freiheit sie hinführte … wo sie einfach nur sie selbst sein durfte.

Der kleine Vogel schaute ihr nach, sang fröhlich sein Lied und flog mit seinen Engelsflügen nach Hause …

Du glaubst, dass ist nur ein Märchen? Mag sein, aber Märchen haben Flügel. Sie sind wie Engel … sie weisen dir den Weg, einfach nur, indem sie dich berühren … wenn du ganz still bist kannst du sie Singen hören.

 

Cäcilia Wentker

Sehnsucht nach Zuhause

 

Manchmal blickte sie stundenlang aus ihrem Fenster und beobachtete die Natur, die sie immer wieder auf eine besondere Weise berührte. Sie konnte es nicht mit Worten beschreiben, doch in ihr regte sich das Gefühl, dass sie die Bäume, die sie so sehr liebte, spüren konnte und manchmal kam es ihr vor, als würden sie ihr zuhören und Antworten auf ihre Fragen geben, welche sie mit niemanden bereden konnte. Es waren sehr tiefgreifende Themen, mit denen sie sich immer mehr beschäftigte und sie traute sich nicht, darüber zu reden. Irgendetwas in ihr sträubte sich, andere Menschen an ihren Gedanken teilhaben zu lassen.

Sie würden es bestimmt nicht verstehen und sie vielleicht für verrückt erklären. Das hielt sie davon ab, ihre Fragen zu stellen und so zog sie es vor, sich immer mehr von den Menschen zurückzuziehen und den Weg in die Natur zu suchen, wo sie sich einfach nur frei und wohl fühlte.

 

An einem warmen, schwülen Sommertag schlenderte sie am Strand entlang und genoss es,

ihre nackten Füße in die herbei strömenden Wellen einzutauchen. Bei jedem Schritt spürte sie den nassen Sand zwischen ihren Zehen empor-quellen, fast kitzelte es ein wenig.

Vor ihr lag ein wunderbarer, weißer Sandstrand entlang einer weiten Dünenlandschaft, so weit das Auge schauen konnte. Die Sommersonne strahlte vom blauen Himmel herab und legte eine wonnige Wärme auf ihre gebräunte Haut. Ein sanfter Windhauch strich immer wieder über ihr Gesicht und sie spürte die angenehme Kühle, die sie dankbar zu schätzen wusste.

Mit jedem Atemzug durchströmte der Duft von Meersalz ihre Nasenflügel und verschaffte ihr das Gefühl, frei atmen zu können.

Das Lachen der Möwen war ihr sehr vertraut und sie spürte, dass sie ihr etwas mitteilen wollten. Auch sie freuten sich über den schönen Sommertag und vor lauter Übermut surften sie auf den Wellen und vergaßen alles um sich herum.

Welch eine Freude, ihnen zu zuschauen … fast beneidete sie ihre kleinen gefiederten Freunde um ihrer kindlichen Unschuld und der ungezwungenen Lebenslust, der sie sich in ihrem Wellenbad hingaben. Doch ihr Neid konnte sie nicht davon abhalten, sich mit ihnen von Herzen zu freuen und eine Leichtigkeit erfüllte sie.

Fast schwebend schlenderte sie weiter und weiter, ein inneres Lächeln begleitete sie auf ihrem Weg und löste immer mehr ihrer Gedankengänge auf, bis in ihrem Kopf nur noch eine Leere war.

Schritt für Schritt spürte sie, wie das Wasser ihre Füße umspülte, fühlte sie die Sonnenstrahlen bis in jede Zelle ihres Körpers strahlen, vernahm den salzigen Duft des Windes, hörte das Wellenrauschen und blickte auf das Meer hinaus, weit in die Ferne.

Alles um sie herum löste sich auf, nur das endlose Wasser umhüllte weiterhin ihren Körper,

den sie unbewusst in die Wellen steuerte. Bis zu den Hüften stand sie im Meer und gab sich mit geschlossenen Augen dem Fluss des Atem hin.

Mit jedem Einatmen spürte sie eine Energie von unvorstellbarer Klarheit in sich einfließen.

Diese Klarheit war so rein, wie das Wasser, dass aus einer Quelle entspringt und sich voller Frische den Weg bahnt durch den Flusslauf des Lebens, bis es in das große Meer mündet, um sich mit allem zu verbinden, was es gibt.

Mit jedem Ausatmen verließ sie ein Stück von ihren Ängsten, Sorgen, starren Verhaltensweisen und Gedanken, getrennt zu sein ... getrennt von den Menschen, den Tieren, den Pflanzen, Mutter Erde, dem Universum und von Gott!

Nein ... die Welt, in der sie lebte gab es nicht mehr! Alles, was sie ihr Leben nannte, schien wie aufgelöst. Es gab keine Zeit, keinen Raum und auch sie gab es nicht mehr! Da war nur noch Stille, Leere und dieses unbeschreibliche Gefühl von Frieden und Liebe!

Wie lange sie in diesem Zustand verweilte wusste sie nicht, aber es musste schon eine ganze Weile gedauert haben, denn als sie wieder in ihre Welt zurück gelangte, wurde sie von der Dämmerung überrascht und ihr nasser Körper begann zu frösteln.

Etwas verwirrt, aber glückselig kehrte sie dem Meer den Rücken zu und lief durch die Dünen, auf dem kürzesten Weg nach Hause, um sich in ein trockenes Kleid zu hüllen und den lauen Sommerabend entspannt zu genießen.

 

Wie schon so oft, ließ sie noch einmal in ihrer Erinnerung die Erfahrung am Strand aufleben.

Erlebnisse dieser Art, waren für sie nichts Neues. Immer wieder begegnete sie in der Natur der Stille und Leere, dem NICHTS ...

 

...und sie war Zuhause!

 

Cäcilia Wentker

Das Tor zur Freiheit

 

Es war einmal ein kleines Mädchen, das immer sehr ehrlich war und voller Liebe für das Leben.

Alles, woraus es bestand war so wahrhaftig und so einzigartig unschuldig, dass es, wo immer es erschien, mit seiner strahlenden Energie jedes Lebewesen einhüllte und es berührte mit seiner Natürlichkeit.

Als es das Licht der Welt erblickte stürzte es sich voller Neugier in das Abenteuer Leben, um es mit allen Sinnen zu erfahren und zu spüren, wie es ist, zu sein ... einfach nur zu sein, zu fühlen wie es ist lebendig zu sein, wie es ist zu lieben, wie es ist geliebt zu werden, wie es ist das Leben mit all seinen Möglichkeiten zu spüren, um zu erfahren, was es wirklich ist.

 

Die erste Zeit seines so jungen Lebens ließ es sich auch noch recht einfach seine Natürlichkeit leben.

Solange das Mädchen sehr zurückgezogen im Schutze seiner Reinheit und Unschuld lebte, konnte es sich ausbreiten in all seinen Möglichkeiten. Es lernte, wie es sich anfühlt, geborgen zu sein, beachtet und respektiert zu werden, Bedürfnisse zu haben und sie zu stillen, enttäuscht zu werden und damit umzugehen, wütend, verletzt und getrennt zu sein. Es erfuhr, dass in ihm so viele verschiedene Möglichkeiten stecken, das Leben wahrzunehmen, wie es

ist ... ein ständiger Fluss von unendlichen Eindrücken, wahrgenommen durch die Sinne und die Liebe zu allem, was ist.

 

Das Mädchen liebte seine Unschuld und Natürlichkeit so sehr, dass es eines Tages seine Obhut verlassen wollte, um der Welt und seinen Lebewesen zu zeigen, wie sehr es das Leben mit allem, was dazu gehört in seinem Herzen trug. Es spürte den Impuls, alles mit anderen teilen zu wollen … die Leichtigkeit, die Freude, die Kreativität, die Neugierde, die Unbekümmertheit und alles, was ihm innewohnte.

 

Voller Übermut und mit einem Lächeln auf dem Gesicht machte es sich auf in die Freiheit … jedoch …

schon nach einigen Schritten endete plötzlich seine Reise. Es stand vor einem großen, schwarzen Tor, dass in einer endlosen Mauer eingearbeitet war und sich ihr in den Weg stellte.

Ein großes Schild, dass es nicht lesen konnte hing an dem Tor und die roten Symbole signalisiertem ihm, dass es etwas sehr Wichtiges sein musste, was ihm hier den Zutritt verweigerte.

 

Das verwunderte Mädchen klopfte an das Tor, konnte aber nicht wissen, warum hier auf einmal der Weg zu Ende ist.

Da es aber unbedingt seinem Herzen folgen wollte, klopfte es noch ein paar Mal an das Tor …immer wieder … und siehe da, die Pforte öffnete sich ganz langsam und vor ihm stand ein alter Mann …

 

Mit seinem kurzem, nach hinten gekämmten Haar und seinem in Form gehaltenen Schnurrbart, mit seiner etwas zu kleinen Brille und seinem schwarzen Frack, sah er sehr „geordnet“ aus.

Viele graue mischten sich unter die anderen schwarzen, ein wenig vor Fett glänzenden Haare und die Augenbrauen wölbten sich in der Mitte ein ganzes Stück nach oben, fast schon arrogant,

so wie er auch seine Nase ein wenig höher trug, was diesen Eindruck noch verstärkte.

Mit verschränkten Armen stand er vor dem Mädchen, welches ihn aber freundlich anlächelte und sich nur wunderte, warum er so unglücklich, fast leblos aussah.

 

„ Hallo, ich freue mich, dass du mir aufgeschlossen hast, denn ich würde gerne in die Welt hinaus gehen, um meine Welt mit allen anderen zu teilen. Ich möchte verbunden sein mit allen Lebewesen in Leichtigkeit, Natürlichkeit und Liebe, die uns alle frei sein lässt!“ so sprudelte es aus dem Mädchen heraus und es hüpfte voller Ungeduld von einem auf das andere Bein. Ein Strahlen in ihren Augen zeugten von ihrer so übersprudelnden, bedingungslosen Liebe.

 

Der alte Mann schaute auf das kleine Mädchen hinab, beugte sich zu ihm hinunter, schaute ihm tief in seine unschuldigen Augen und sprach:“ Das würde ich mir aber noch einmal gründlich überlegen!“

„Was ist das … überlegen?“ wollte das Mädchen wissen, „Ich weiß nicht, wie das geht!“

„Ich meine, du solltest erst einmal nachdenken, ob es auch richtig ist, was du vorhast!“ erwiderte der Mann

„Nachdenken? Auch das kenne ich nicht … ich kenne nur fühlen und empfinden oder spüren … ist es etwas dergleichen?“ fragte es in seiner Einfachheit

 

„ Ach, du hast auch keine Ahnung, von was ich rede? Das ist ja interessant, du bist nicht das einzige kleine Mädchen, was keine Ahnung hat von der großen, weiten Welt.

In der Welt, die du beglücken willst mit deiner Liebe ist es sehr gefährlich, fast schon lebensgefährlich. Überall findest du Feinde, die dir etwas Böses wollen, die dich mit ihren Füßen treten, die dich ausnutzen, dich zur Marionette machen. Du wirst verletzt und rennst immer nur dem Geld hinterher, wovon nicht genug da ist, um gut zu leben. Ungerechtigkeit und Leid schüren immer mehr Krankheiten und Katastrophen beherrschen das tägliche Leben auf dem Planeten Erde!

Willst du wirklich in diese Welt und dich dem ausliefern, was dich dort erwartet?“ der alte Mann redete auf das Mädchen ein, doch bevor er noch mehr sagen konnte fuhr ihm das kleine Mädchen ins Wort:

„ So wie du das sagst, klingt das aber gar nicht schön und es tut mir auch sehr leid, dass du so schlechte Erfahrungen gemacht hast. Doch ich kann dir trotzdem nicht folgen, weil ich es nicht fühlen kann. Das einzige, was ich weiß ist, dass du nicht glücklich bist und dass du Angst hast.

Deine Augen schauen so traurig und dein Körper sieht angespannt aus. Das fühle ich und es macht mich traurig!“

 

Doch der Mann ließ sich nicht beirren und die Worte des Mädchens prallten an ihm ab und fielen klirrend zu Boden.

Mit einer fast Angst einflößenden Strenge verschränkte er seine Arme vor seinem Bauch und stellte sich aufrecht vor das kleine Mädchen.

Es spürte die Unnachgiebigkeit und die Selbstdisziplin des alten Mannes, der fest an seiner Meinung festhielt und um seine Haltung noch zu stärken fuhr er fort in seiner Belehrung:

„ Was weißt du schon vom Leben! Du hast nicht erlebt, wie es ist, nichts zu sein. Du kannst nicht mitreden, wenn es darum geht, wie schwer es ist, Arbeit zu finden. Du hast noch nicht erfahren, wie es sich anfühlt, verlassen zu werden von einem geliebten Menschen. Du hast noch nicht gespürt, vor lauter Schmerzen nicht mehr funktionieren zu können. Du hast … ach, du weißt gar nichts!

Ich habe alles erlebt oder mitbekommen, wie es anderen ging, wenn sie die falschen Entscheidungen getroffen haben. Wenn einer weiß, wie gefährlich das Leben ist, dann bin ich das! Dir, kleines Mädchen möchte ich nur den guten Rat geben: Bleibe lieber, wo du bist und ziehe dich zurück in die Obhut, in der du sicher bist! Diese Welt ist nichts für dich, wenn du nicht verletzt werden möchtest ...“

 

Er schien auf einmal so zerbrechlich, als würde er unter all seiner Erinnerung niederfallen und sich auflösen in einem See aus ungeweinten Tränen … doch irgendwie behielt er die Kontrolle über sich und fasste sich wieder, indem er sehr konzentriert auf seine Uhr blickte und sich räusperte:

„ Mhmm … schon so spät! Die Zeit vergeht immer schneller … doch auch das kennst du sicher nicht, oder!?“

 

Das kleine Mädchen hatte sich ganz still angehört, was der alte Mann ihr erzählte und es regte sich in ihr eine Stimme, die ihr zu flüsterte, dass sie sich nicht von ihm zurückschicken lassen sollte.

 

„Lieber alter Mann“, sprach sie mit ganz leisen, aber klaren Worten,“ Ich danke dir für deine Sicht, von dem, was du für Erfahrungen gemacht hast und für deine gutgemeinten Ratschläge, aber ich muss trotzdem hier meinen Weg weitergehen und darf mich von dir nicht aufhalten lassen.

Du sprichst aus deiner eigenen Erfahrung und meinst es gut mit mir, dass ich nicht auch so verletzt werden soll, wie du. Das fühlt sich sehr gut an und ich respektiere deine Sicht des Lebens.

Und doch kann ich nicht zurück, ohne mich in meiner Freiheit selbst

einzuschränken. Meine Freiheit besteht darin, meinen eigenen Weg zu gehen und all das zu fühlen, von dem du erzählt hast …

Wenn ich mich von dir aufhalten lasse, käme es gleich einem Rückzug in ein Gefängnis, dessen Schlüssel ich dir überlasse und du bestimmst, wann ich Ausgang habe oder nicht!

Nein, ich bin kein kleines Mädchen, dass sich in Sicherheit wiegen möchte. Ich will leben, aus dem Leben schöpfen, meine Freude hinausschreien, mein Leid mit den Tränen fließen lassen, meine Vollkommenheit spüren und diese Vollkommenheit mit allen teilen, bis in die tiefste Faser meines Seins!“

 

Der alte Mann, mittlerweile ganz ruhig und sanft, bückte sich wieder dem Mädchen entgegen, in seine Augen schimmerte ein Hauch von Glanz, ganz tief innen … und ein leichtes Lächeln, ganz unscheinbar, verwandelte sein Gesicht für einen kurzen Augenblick in einen Knaben …

in diesem einen Moment konnte er sich erinnern … damals, als er noch unschuldig und frei war …

 

„ Kleines Mädchen, lauf durch das Tor und lass dich niemals mehr aufhalten!“, so sprach er, indem er zur Seite trat, um dem Mädchen den Weg frei zu machen.

 

„Ich danke dir, lieber Mann, und wünsche dir alles Liebe,“ freute sich das kleine Mädchen und hüpfte frohen Mutes durch das große Tor.

 

„Doch bitte, würdest du mir noch deinen Namen nennen?“ rief er ihm hinterher.

 

„ Ich heiße GEFÜHL und wie ist dein Name?“ wollte es von ihm wissen.

 

„ Mein Name ist VERSTAND! … und ein Lächeln begleitete seine Worte …

 

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